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Zur Strafbarkeit eines Internetauftritts eines Kommunikationsdesigners

Datum: 24.04.2006

Kurzbeschreibung: 

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte einen 33 Jahre alten, in Stuttgart lebenden Kommunikationsdesigner u. a. wegen Verbreitens von Propagandamitteln und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie wegen Zugänglichmachens volksverhetzender Schriften angeklagt. Der Angeklagte tritt für ein „freies, unzensiertes“ Internet ein und hatte auf seiner eigenen Homepage zu Informationszwecken eine über 100 Seiten starke Dokumentation über Sperrverfügungen einzelner Webseiten ins Internet gestellt. Sie enthielt vom ihm gesetzte Links zu gesperrten, aus den USA stammenden Webseiten, die strafbare neonazistische Inhalte aufwiesen. Dadurch waren diese Seiten für die Besucher der Homepage durch bloßes Anklicken erreichbar.

Das Landgericht hatte den Angeklagten freigesprochen. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat die dagegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft verworfen und damit den Freispruch bestätigt. Der Senat hat den Einzelfallcharakter seiner Entscheidung hervorgehoben und betont, es handele sich nicht um ein verallgemeinerungsfähiges Urteil. Grundsätzlich sei ein Linksetzer, der mittels einer solchen Verbindung verbotene Inhalte, etwa rechtsradikale Propaganda, im Internet zugänglich mache, dafür strafrechtlich verantwortlich.

Im vorliegenden Fall habe sich der Angeklagte auf die Ausnahmevorschrift des § 86 Abs. 3 StGB berufen können. Die dort geregelte, die Strafbarkeit ausschließende sog. Sozialadäquanzklausel schützte die verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungs- und Informationsfreiheit und wolle von der Allgemeinheit gebilligte Handlungen von der Strafbarkeit ausnehmen. Letztlich entscheiden die objektiv erkennbare Zielrichtung und eine Einzelfallabwägung darüber, ob eine - an sich strafbare - Handlung legitimen, vom Gesetzgeber in § 86 Abs. 3 StGB anerkannten Zwecken, z. B. der Aufklärung oder Berichterstattung, dient und damit straffrei bleibt (wie etwa der Abdruck einer Hakenkreuzfahne in einem Geschichtsbuch) oder die Tatbestände der Volksverhetzung oder der entsprechenden Staatsschutzdelikte bejaht werden müssen (wie etwa beim Verbreiten verbotener Kennzeichen oder rechtsradikalen Gedankenguts unter dem Vorwand der Aufklärung).

Bei der Beurteilung im Rahmen des § 86 Abs. 3 StGB komme auch dem Gesamtzusammenhang, in dem sich die Darstellung befindet, und die Frage, ob sich der Handelnde von strafbaren Inhalten - wie hier - erkennbar distanziert oder sich mit ihnen identifiziert, Bedeutung zu.
 
Die vorzunehmende Würdigung obliege in erster Linie der Tatsacheninstanz. Als Revisionsgericht habe das OLG seiner Nachprüfung die im Urteil des Landgerichts getroffenen Feststellungen zugrunde zulegen. Nach diesen Maßstäben sei der Freispruch hier nicht zu beanstanden.


   Zum Volltext der Entscheidung, Urteil vom 24.4.2006, Aktenzeichen 1 Ss 449/05




 

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