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Geschichte OLG Stuttgart (Teil 2) - Vorläufer

Das Ober-Appellations-Tribunal 1806 bis 1817


Mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde Württemberg zum Kurfürstentum. In dieser Eigenschaft erhielt es das sogenannte Privilegium de non appellando. Dieses Privileg hatte zum Inhalt, dass die württembergischen Gerichte der bis dahin in bestimmten Fällen möglichen Kontrolle durch das Reichskammergericht oder andere Reichsgerichte entzogen waren. Das Recht galt zunächst für die württembergischen Kerngebiete als sogenannte Kurlande, wurde aber 1805 vom Deutschen Kaiser Franz II. auf die gesamten Länder des Herzogs von Württemberg erstreckt.

Freilich wurde vom Kaiser verlangt, dass das Land selber einen Ersatz schaffen sollte, nämlich

"ein beständiges mit einem Direktor und Räthen wohlbesetztes Oberappellationsgericht, oder ein ordentliches Judicium revisiorum, wohin, als Surrogat Unsers kaiserlichen Reichhofraths und Kammergerichts die Partheien sich berufen mögen“.

Daraufhin ordnete Herzog Friedrich II. von Würtemberg mit General-Reskript vom 30. März 1805 an:

"Nachdem nun dadurch die Permanenz eines obersten Gerichtshofes notwendig geworden ist; so haben Wir Uns, sowohl in dieser Rücksicht, als auch zur Beförderung der Rechts-Pflege in Appellations-Sachen, gnädigst entschlossen, Unser Churfürstliches Ober-Hof- und Appellations-Gericht zu einem permanenten Tribunal zu erklären, auch zu verordnen, dass solches, von dem Ersten Julii dieses Jahrs an, seinen beständigen Sitz in Stuttgart, als der ersten Haupt- und Residenz-Stadt des Churfürstenthums Württemberg, haben solle.“

So bekam Württemberg sein erstes ständiges Berufungsgericht, das freilich weiterhin von Tübingen aus wirkte; der Umzug nach Stuttgart unterblieb in den weiteren Kriegswirren.

Im Pressburger Frieden erwirkte Napoleon die Königswürde für den württembergischen Herzog Friedrich. Der nahm am 01.01.1806 die Königswürde an. Mit dem Organisationsmanifest vom 18. März 1806 wurde die gesamte Staatsverwaltung des Königreichs neu geregelt. Im Staatsministerium als oberster Regierungsbehörde gab es auch ein neu geschaffenes Justiz-Departement (Ministerium). Diesem waren sämtliche Gerichte unterstellt, auch das nun so bezeichnete Ober-Appellations-Tribunal als letzte Instanz für alle Zivilsachen (§ 36). Es war mit einem Präsidenten, einem Direktor und 8 Räthen besetzt, die alle Juristen waren.

Verfahren und Gerichtsorgansiation wurden näher geregelt in einer „Instruction für das Königl. Oberappellations-Tribunal“ vom 8. Mai 1806. Es erkannte danach in erster Instanz in „Personal-Klagen“ gegen alle eigenen Bediensteten vom Präsidenten bis zum Pedell. Erstinstanzlich zuständig war es auch für Rechtssachen gegen die sog. Exemten, also Personen, die von der regulären Gerichtsbarkeit ausgenommen waren, wie Mitglieder des Königshauses, der Fiskus, bestimmte Adlige und Staatsbeamte. In zweiter Instanz war es vor allem für Appellationen gegen die erstinstanzlichen Urteile des Ober-Justiz-Kollegiums, also der mittleren Instanz in Zivilsachen zuständig, wenn die Berufungssumme von mehr als 200 Gulden nach § 39 des Organisationsmanifests erreicht war. Es konnte auch als dritte oder teilweise gar vierte Instanz gegen zweit- oder drittinstanzliche Entscheidungen des Ober-Justiz-Kollegiums angerufen werden. Außerdem war es "nach angeordneter Veränderung der Referenten“ sogar zur Entscheidung über die Revision gegen eigene Appellations-Urteile, also zu deren rechtlicher Kontrolle berufen, falls der Belang der Sache 1500 Gulden überstieg.

In Strafsachen gab es dagegen bis auf weiteres keine zweite Gerichtsinstanz. Wurde ein Angeklagter vom Strafsenat des Ober-Justizkollegiums, ab 1811 „Criminal-Tribunal genannt, verurteilt, so konnte er sich dagegen nur über den Justizminister beim König beschweren.

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