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Oberlandesgericht Stuttgart entscheidet über Anfechtung von Beschlüssen der Porsche-Hauptversammlung 2009
Datum: 17.11.2010
Kurzbeschreibung:
Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute unter Vorsitz des Präsidenten des Oberlandesgerichts Eberhard Stilz die Berufung zweier Aktionäre der Porsche Automobil Holding SE zurück gewiesen.
Diese hatten gegen die in der Hauptversammlung der Gesellschaft am 30. Januar 2009 gefassten Beschlüsse über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2007/2008 sowie die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern und die Vergütung des Aufsichtsrats geklagt. Dabei machten sie unter anderem die unzureichende Beantwortung von Fragen in der Hauptversammlung geltend, die hauptsächlich Geschäfte mit Derivaten auf Stammaktien der Volkswagen AG betrafen. Die Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse stützten sie außerdem auf Rechtsverstöße von Vorstand und Aufsichtsrat bei der Regelung der Vergütung der Mitglieder des Vorstands.
Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage durch Urteil vom 28. Mai 2010 (Az. 31 O 56/09 KfH) abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts jetzt bestätigt.
In dem entschiedenen Rechtsstreit hatte das Gericht nicht die Rechtmäßigkeit der Vergütung des Vorstands oder der Derivatgeschäfte zu beurteilen, sondern ausschließlich die Frage zu klären, ob sich aus den von den Klägern rechtzeitig vorgetragenen Gründen die Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Beschlüsse ergibt.
Dabei war zu berücksichtigen, dass die Erteilung der Entlastung im Ermessen der Hauptversammlungsmehrheit steht. Wer eine erteilte Entlastung anfechten will, muss deshalb darlegen, dass sich die Hauptversammlungsmehrheit treuwidrig verhalten hat, indem sie die Entlastung erteilte, obwohl ihr schwerwiegende und eindeutige Rechtsverstöße der zu Entlastenden im Entlastungszeitraum bekannt oder diese für sie zumindest erkennbar waren.
Die von Klägerseite ursprünglich gerügte Vergütungsregelung war allerdings nicht in dem Entlastungszeitraum getroffen worden, über den die Hauptversammlung am 30. Januar 2009 zu entscheiden hatte, sondern zu einem früheren Zeitpunkt, für den bereits zuvor Entlastung erteilt worden war. Die von den Klägern im weiteren Verfahren nachgeschobenen Anfechtungsründe durfte das Gericht nicht berücksichtigen, weil ihr wesentlicher Tatsachenkern nicht innerhalb der Frist vorgebracht wurde, die der Gesetzgeber im Bemühen, möglichst schnell Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erzielen, festgelegt hat.
Ob die Regelung der Vorstandsvergütung gegen Gesetz oder Satzung verstieß, war für den Ausgang dieses Verfahrens deshalb unerheblich. Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass Zweifel bestünden, ob etwaige Rechtsverstöße aus Sicht der Hauptversammlung hinreichend eindeutig gewesen seien.
Wie schon das Landgericht vermochte das Oberlandesgericht auch nicht festzustellen, dass die in den Klageschriften gerügten Fragen in der Hauptversammlung am 30. Januar 2009 unzureichend beantwortet worden wären.
Ein Großteil der Fragen sei durch die vom Vorstand der Beklagten in der Hauptversammlung erteilten Auskünfte ausreichend beantwortet worden. Dabei sei zum einen zu berücksichtigen, dass auf allgemein gehaltene Fragen nur allgemein gehaltene Antworten zu erteilen seien. Zum anderen müssten die Auskünfte des Vorstands im Kontext der über mehrere Stunden geführten Debatte ausgelegt werden.
Soweit die Kläger detaillierte Auskünfte über Umstände im Zusammenhang mit den Derivatgeschäften begehrten, habe sich der Vorstand dagegen zu Recht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Wären am 30. Januar 2009 Details der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgewickelten Derivatgeschäfte bekannt geworden, hätten der Gesellschaft erhebliche Nachteile gedroht, wenn Kapitalmarktteilnehmer diese Informationen genutzt hätten, um sich als „Trittbrettfahrer“ an die Strategie von Porsche anzuhängen oder gegen Porsche zu spekulieren. Das daraus folgende Geheimhaltungsinteresse werde weder durch ein Interesse an der Aufklärung etwaiger Pflichtverletzungen überwogen noch sei die Porsche Automobil Holding SE aufgrund kapitalmarktrechtlicher oder anderer Vorschriften verpflichtet gewesen, die Details der Derivatgeschäfte offen zu legen.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Dagegen ist die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet.
Urteil vom 17. November 2010 - Aktenzeichen 20 U 2/10