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Erste Gerichtspartnerschaft zwischen China und Deutschland

Datum: 23.04.2010

Kurzbeschreibung: 

 

Das Obervolksgericht Henan und das Oberlandesgericht Stuttgart begründen eine Gerichtspartnerschaft. Der Präsident des Obervolksgerichts Henan, Zhang, und der Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart, Stilz, werden am 28. April 2010 in Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan, eine entsprechende Erklärung unterzeichnen.
Henan ist die bevölkerungsreichste chinesische Provinz (rund 100 Millionen Einwohner) und gilt als Wiege der chinesischen Kultur. In Absprache mit der chinesischen Zentralregierung hatte das höchste Gericht dieser Provinz den Auftrag, eine Partnerschaft mit einem westlichen Land einzugehen, um einen Beitrag zur qualitativen Verbesserung der Justiz in China zu leisten. Nach eingehender Vorauswahl waren Gerichte in Deutschland, in Frankreich und in England in Betracht gezogen worden. Einer der wesentlichen Gründe für die Vorauswahl des OLG Stuttgart war das sogenannte „Stuttgarter Modell“ der Verhandlung in Zivilsachen sowie die Stuttgarter Erfahrungen mit kurzen Verfahrenslaufzeiten und unstreitigen Erledigungen. Nach Besuchen einer größeren chinesischen Delegation bei den ausgewählten Gerichten wurde dem OLG Stuttgart im vergangenen Jahr förmlich die Begründung einer Partnerschaft angeboten.
Im Mittelpunkt der Partnerschaft werden wechselseitige Hospitationsprogramme von Richtern sowie Seminare und Fortbildungen stehen. Die chinesische Seite ist zunächst vor allem an der Verbesserung von Qualität und Effektivität der Gerichtsverfahren im Zivilrecht, an Techniken einvernehmlicher Streiterledigung, aber auch an Rechtstheorie, Gerichtsverfassung, Gerichtsorganisation, Management und EDV interessiert.
Die Bundesregierung und die Landesregierung stehen einer solchen Partnerschaft positiv gegenüber. Sie dient der Entwicklung und Vertiefung freundschaftlicher Beziehung zwischen beiden Ländern und stärkt gleichzeitig rechtsstaatliche Prinzipien. Das Projekt wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.
Die Robert Bosch Stiftung hat im Rahmen ihres Programmbereichs Völkerverständigung schon 2006 die Einrichtung eines China-Schwerpunkts beschlossen, seit 2007 fördert sie systematisch die deutsch-chinesischen Beziehungen. Dabei stehen im Mittelpunkt die partnerschaftliche und - wo immer möglich - unmittelbare und praktische Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Chinesen. Die Förderung erstreckt sich auf ein weites Themenspektrum - von Jugend, Bildung und Medien über Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft bis hin zum Rechtsstaatsdialog.


„Stuttgarter Modell“
Als Direktor der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart führte Professor Bender am 01.01.1967 das „Stuttgarter Modell“ ein. Er wollte den Versuch unternehmen, das Zivilverfahren so stark wie möglich zu konzentrieren und damit zu beschleunigen. Die Zivilkammern des Landgerichts und die Senate des Oberlandesgerichts haben die Vorgehensweise seitdem zunehmend übernommen und fortentwickelt. Mit der Vereinfachungsnovelle der Zivilprozessordnung vom 03.12.1976 wurde das Prinzip des „Stuttgarter Modells“ in wesentlichen Teilen Gesetz. In seiner heute praktizierten Form gehört dazu beim OLG Stuttgart insbesondere die frühe Terminierung, die eingehende Vorbereitung bzw. Vorberatung des Termins, das Bemühen um eine Konzentration auf einen Verhandlungstermin und nicht zuletzt die Verhandlung vor dem ganzen Senat statt vor dem Einzelrichter.

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