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OLG Stuttgart bestätigt das Urteil des Landgerichts zum Gaststättenbrand in Remseck

Datum: 23.04.2020

Kurzbeschreibung: 

OLG Stuttgart bestätigt das Urteil des Landgerichts zum Gaststättenbrand in Remseck

Der für das private Versicherungsrecht zuständige 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Norbert Taxis hat mit seinem heutigen Urteil die Berufung der Eigentümer eines Gaststättengebäudes in Remseck zurückgewiesen. Damit blieb deren Klage auf Feststellung der Leistungspflicht des Gebäudeversicherers für ein Brandereignis vom Oktober 2015 auch in zweiter Instanz erfolglos.

 

Dem liegt zugrunde, dass der Brand im Innern der Gaststätte „Lamm“ vorsätzlich an mehreren Stellen unter Verwendung eines Brandbeschleunigers gelegt wurde. Die Feuerwehr konnte das in Flammen stehende Gebäude löschen, bevor der Brand auf andere Gebäude auf dem Grundstück, insbesondere auch eine Asylbewerberunterkunft, übergreifen konnte und bevor die Gaststätte vollständig niederbrannte.

 

Die Staatsanwaltschaft hat ein gegen die Grundstückseigentümer eingeleitetes Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Auch eine ausländerfeindlich motivierte Straftat Dritter konnte im Zuge der polizeilichen Ermittlungen nicht festgestellt werden. Der private Gebäudeversicherer lehnte Versicherungsleistungen mit der Begründung ab, er sei von seiner Leistungspflicht frei geworden, weil der Brand durch einen der Grundstückeigentümer vorsätzlich herbeigeführt oder veranlasst worden sei. Die klagenden Gebäudeeigentümer stellen eine Beteiligung an der Brandstiftung in Abrede und weisen zusätzlich auf ein fehlendes Motiv ihrerseits an der Brandstiftung hin.

 

Wie schon das Landgericht Stuttgart in erster Instanz ist auch der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass die beklagte Versicherung von ihrer Leistungspflicht frei geworden ist.

 

Den Beweis, dass der Brand vorsätzlich zumindest unter Mitwirkung der Versicherungsnehmer herbeigeführt wurde, hat der Versicherer, ggf. auch über eine Gesamtschau bewiesener Indizien, zu erbringen. Dabei musste die Beklagte nicht zwingend den Nachweis führen, dass einer der Kläger selbst den Brand vorsätzlich gelegt hat. Ausreichend ist auch, dass einer der Kläger eine, auch unbekannt gebliebene, Person mit der Inbrandsetzung des Gebäudes beauftragt hat.

 

Davon ist das Berufungsgericht nach ergänzender Beweisaufnahme unter Würdigung der gesamten Umstände wie zuvor das Landgericht aus den folgenden Gründen überzeugt:

 

Die Brandstiftung erfolgte gezielt und geplant an fünf Stellen im Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss mittels ausgebrachten Brandbeschleunigers. Nach den polizeilichen Ermittlungen erfolgte das dafür notwendige Betreten durch eine seitliche Eingangstür. Eine andere Art des Betretens war auszuschließen. Diese Tür fand der zuerst am Brandort eintreffende Feuerwehrmann offen vor. Diese Tür wies nach dem Untersuchungsbericht des Landeskriminalamts keine Einbruchsspuren auf, sondern gezielt angebrachte Trugspuren, die ein Einbrechen vortäuschen sollten. Ein Bewegungsmelder in diesem Bereich wurde gezielt außer Funktion gesetzt. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass der oder die Täter Vorbereitungshandlungen vor der Tatbegehung vorzunehmen und vorgenommen hatten.

 

Einer der Kläger hielt sich nach der Beobachtung eines Zeugen am Vorabend des Brandes im Bereich der Gaststätte auf. Er hatte die Möglichkeit, diese von ihm oder einem beauftragten Dritten ablenkenden Vorbereitungsmaßnahmen durchzuführen.

 

Eine Tatbeteiligung anderer Schlüsselinhaber außer den Klägern konnte nach der Beweisaufnahme ausgeschlossen werden.

 

Anhaltspunkte für eine Täterschaft Dritter, die ohne Zutun und Mitwirkung eines der Kläger den Brand gelegt haben könnten, haben die polizeilichen Ermittlungen nicht ergeben.

 

Nach Ansicht des Berufungssenats war allerdings auch in den Blick zu nehmen, dass den Klägern ein wirtschaftliches Motiv für eine Brandstiftung nicht nachgewiesen werden könne.

 

Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände war der Senat davon überzeugt, dass einer der Kläger am Vorabend des Brandes Vorbereitungshandlungen ergriffen und sodann ein beauftragter, nicht näher bekannter Dritter den Brand gelegt hat. Dabei wurde auch erwogen, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Kläger eingestellt hat. Dem komme zum einen keine Bindungswirkung für das vorliegende Zivilverfahren zu. Zum anderen müsse der Versicherer dem Versicherungsnehmer nicht mit dem für eine strafrechtliche Verurteilung ausreichenden Maß an Gewissheit eine Eigenbrandstiftung nachweisen. Es genüge danach, dass die bewiesenen Indizien in der Gesamtschau für das Gericht ein praktisches Maß an Überzeugung von einer Eigen- oder hier Auftragsbrandstiftung ergeben, das vernünftige Zweifel nahezu völlig ausschließt.

 

Ein Grund für die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof liegt nicht vor. Den Klägern bleibt die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Aktenzeichen

OLG Stuttgart  Urteil vom 23.04.2020  7 U 10/19

LG Stuttgart     Urteil vom 12.12.2018  3 O 90/18

 

 

Relevante Vorschrift:

 

§ 81 Abs. 1 VVG: Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.

 

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