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Urteil in einem Staatsschutzverfahren wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „LTTE“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Bewährung

Datum: 13.02.2020

Kurzbeschreibung: 

Urteil in einem Staatsschutzverfahren wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „LTTE“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Bewährung

Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute unter dem Vorsitz von Dr. Claus Belling einen 66-jährigen sri-lankischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Der Angeklagte beteiligte sich zumindest im Zeitraum vom 17. Januar bis 5. Mai 2009 als Mitglied der 1976 in Sri Lanka gegründeten LTTE (vgl. zur Organisation auch: Pressemitteilung v. 26. November 2019 hier). Er war als Gebietszuständiger der LTTE für Bad Friedrichshall und Umgebung sowie als Verantwortlicher zweier von den LTTE (verdeckt) betriebener tamilischer Schulen in Bad Friedrichshall und Heilbronn, die zur Bindung der Exiltamilen an die Organisation und zur Indoktrinierung der Diaspora dienten, in die Strukturen der LTTE fest eingebunden. Als Gebietsverantwortlicher unterlag er Berichtspflichten gegenüber den höhergeordneten Organisationsebenen der LTTE. In dieser Stellung warb er bei den in seinem Zuständigkeitsbereich lebenden Tamilen im Zuge der sog. „Notspende 2009“ Spendengelder in Höhe von insgesamt 36.750,- € ein und gab diese zur Weiterleitung an die Führungsspitze der LTTE in Sri Lanka an die nächsthöhere Hierarchieebene in Deutschland weiter.

Die von dem Angeklagten akquirierten und weitergeleiteten Gelder sollten der LTTE zur Finanzierung ihres bewaffneten Kampfes in Sri Lanka gegen die sri-lankische Regierung und für einen unabhängigen tamilischen Staat im Norden und Osten des Landes dienen. In diesem mit Unterbrechungen seit 1983 andauernden Bürgerkrieg verübten die LTTE durch ihre Selbstmordeinheit „Black Tigers“ seit den 1990er Jahren und auch im Tatzeitraum systematisch zahlreiche Selbstmordattentate gegen Einrichtungen des sri-lankischen Staates, bei denen auch zahlreiche Zivilisten ums Leben kamen. Verstärkte Offensiven der Armee in Sri-Lanka drängten die LTTE ab 2007 zurück, bis es am 18. Mai 2009 zu ihrer Zerschlagung kam.

Bei der Strafbemessung überwogen mildernde Gesichtspunkte. So hat der Senat unter anderem das umfassende Geständnis, den relativ kurzen verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum und das lange Zurückliegen der Taten zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Straferschwerend ist bedacht worden, dass es sich bei den LTTE um eine besonders gefährliche terroristische Vereinigung handelte und der gesammelte Geldbetrag erheblich war. Nach Auffassung des Senats lagen die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung vor. Der uneingeschränkt geständige Angeklagte, der sich von seiner Tat distanziert hat, ist sozial fest eingebunden und lebt auch in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen.

Das Urteil wurde durch Rechtsmittelverzicht sofort rechtskräftig.



Aktenzeichen

6 – 32 OJs 8/15 – Oberlandesgericht Stuttgart
32 OJs 8/15 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart



Relevante Normen (Auszug):

Strafgesetzbuch (StGB)



§ 129a Bildung terroristischer Vereinigungen:

Abs. 1: Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.



§ 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung

Abs.1: Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

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