Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute unter dem Vorsitz von Hans-Jürgen Wenzler einen 51-jährigen türkischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt.
Feststellungen des Senats zum Tatgeschehen
Der Senat hat festgestellt, dass der Angeklagte als hauptamtlicher Kader der ausländischen terroristischen Vereinigung "Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) von September 2020 bis Mai 2021 als sogenannter Raumleiter für den PKK-Raum „Stuttgart Zentrum“ für die Organisation tätig war.
Nach den Feststellungen des Senats strebt die PKK einen staatsähnlichen „konföderalen“ Verbund der kurdischen Siedlungsgebiete in der Türkei, Syrien, Iran und Irak mit eigener Armee und Staatsbürgerschaft an. Neben einem politischen Arm verfügt sie zur Durchsetzung ihrer Ziele auch über militärisch strukturierte Guerillaeinheiten, die vor allem im Südosten der Türkei Anschläge vorwiegend auf türkische Polizisten und Soldaten verübten, bei denen immer wieder auch Zivilisten zu Tode kamen. Die PKK besitzt auch in Deutschland und anderen Ländern Westeuropas feste Organisationsstrukturen. Dort haben ihre hauptamtlichen Parteikader vor allem die Aufgabe, Finanzmittel für die Organisation zu beschaffen, PKK-Anhänger für den Guerillakampf und den Kaderapparat zu rekrutieren und öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Sinne der PKK zu planen und durchzuführen. Die PKK ist seit 1993 in Deutschland verboten und wird von der Europäischen Union als terroristische Vereinigung eingestuft.
Der weitgehend konspirativ agierende Angeklagte war während des Tatzeitraums in enger Abstimmung mit dem bereits rechtskräftig verurteilten und ihm hierarchisch übergeordneten Gebietsleiter der PKK für das Gebiet „Stuttgart“ mit den organisatorischen, finanziellen und propagandistischen Angelegenheiten der Organisation befasst. Ein zentraler Bestandteil der Tätigkeit bestand darin, Geldspenden für die PKK einzufordern. Dem Angeklagten und dem rechtskräftig verurteilten Gebietsleiter gelang es dabei, während des Tatzeitraums das von der Organisation für das PKK Gebiet Stuttgart veranschlagte Spendenziel von 900.000 Euro zu erreichen.
Weitere Informationen zu dem Verfahren
Der 2. Strafsenat hat seit dem 10. September 2025 an 13 Verhandlungstagen verhandelt. Im Rahmen der Beweisaufnahme hat er dabei unter anderem 20 Zeugen vernommen. Als zentrale Beweismittel standen dem Senat ferner vor allem Mitschriften abgehörter Gespräche aus Pkws und überwachter Telefonate zur Verfügung. Zudem wurden in der Hauptverhandlung verschiedene Bekennervideos abgespielt, auf denen die PKK ihre eigenen tödlichen Anschläge auf Militär- und Sicherheitsorgane der Türkei aber auch Bauarbeiter festhielt. Der Angeklagte bezeichnete sich selbst als „kurdischer Politiker“, war im Übrigen aber nicht geständig. Eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung kam unter anderem deshalb nicht in Betracht, weil der Angeklagte aufgrund einer fortbestehenden tief verhafteten Ideologie handelte.
Der Angeklagte befindet sich seit dem 24. April 2025 in Untersuchungshaft. Zuvor wurde seit 26. November 2024 in Italien Auslieferungshaft gegen ihn vollzogen. Der Senat hat heute den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufrechterhalten und den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof muss binnen einer Woche nach Verkündung des heutigen Urteils eingelegt werden.
Aktenzeichen
2 St – 32 OJs 7/22 – Oberlandesgericht Stuttgart
32 OJs 7/22 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart