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Urteil des OLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristi-schen Vereinigung („LTTE“)

Datum: 09.12.2020

Kurzbeschreibung: 

Urteil des OLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristi-schen Vereinigung („LTTE“)

Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart verurteilte heute unter dem Vorsitz von Herbert Anderer einen 52 Jahre alten sri-lankischen Staatsangehörigen wegen Mitglied-schaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE), zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.


Der Senat verhandelte gegen den auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten seit dem 19. Oktober 2020 an fünf Tagen. Im Wesentlichen konnte der Senat folgenden Sachver-halt feststellen:


Der Angeklagte gliederte sich in Sri-Lanka Ende 1991 der LTTE an, unterstellte sich deren Befehlsgewalt und entfaltete anschließend auf Dauer angelegt Tätigkeiten zur Förderung der Zwecke der Vereinigung. Nach einer einjährigen Schulung war der Angeklagte, auch noch im strafrechtlichen relevanten Zeitraum ab Ende August 2002, in der politischen Ab-teilung der LTTE tätig. So war der Angeklagte für die Gesamtorganisation der Salzgewin-nung im Seengebiet im Norden Sri-Lankas und dessen Vermarktung zuständig. Hierbei war ihm auch die Leitung zweier Salzwerke anvertraut. Ab dem Jahr 2006 war dem Ange-klagten zudem die Zuständigkeit für die landwirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung im Distrikt Mullaitivu in Sri-Lanka übertragen. Mit der Zerschlagung der LTTE im Frühjahr 2009 endete auch die Tätigkeit des Angeklagten für die LTTE.


Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte der Senat insbesondere, dass der Ange-klagte nicht nur in der Hauptverhandlung, sondern bereits im Ermittlungsverfahren den Tatvorwurf umfassend eingeräumt hat, die Tat lange zurücklag und der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Zu seinen Gunsten wurde weiter gesehen, dass sich seine Tätigkeit bei der LTTE auf den zivilen Bereich beschränkt hat, er insbesondere nicht an Kampfhandlungen betätigt war.


Der Angeklagte, der sich seit Mitte 2016 in Deutschland aufhält, war wegen dieser Tat be-reits in Sri-Lanka für die Dauer von einem Jahr und neun Monaten inhaftiert. Durch die Anrechnung dieser Haftzeit ist die Strafe bereits vollständig vollstreckt.


Aktenzeichen


5 - 33 OJs 55/17 – Oberlandesgericht Stuttgart
33 OJs 55/17 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart


Relevante Normen (Auszug):


§ 129a Abs. 1 und Abs. 5 StGB – Bildung terroristischer Vereinigungen:
(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Ver-brechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absät-ze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Frei-heitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. …



§ 129b Abs. 1 StGB – Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland:


Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereini-gung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Be-strebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Um-stände als verwerflich erscheinen.

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