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Urteil des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „LTTE“ zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung

Datum: 27.11.2019

Kurzbeschreibung: 

Urteil des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „LTTE“ zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung

Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute unter dem Vorsitz von Stefan Maier einen 47-jährigen sri-lankischen Staatsangehörigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ („LTTE“) in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Im Wesentlichen hat der Senat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte beteiligte sich als Mitglied in der 1976 in Sri Lanka gegründeten ausländischen terroristischen Vereinigung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ („LTTE“) (vgl. zur Organisation auch PM v. 26.11. 2019 hier). Zumindest im Zeitraum von März 2007 bis 15. Mai 2009 war er als Gebietszuständiger für den Bereich Stuttgart verantwortlich und über die sog. Auslandsfiliale der „LTTE“ für Deutschland, dem „Tamil Coordination Committee“ („TCC“) mit Sitz in Oberhausen, in die Struktur der LTTE eingebunden. In seiner Eigenschaft als Gebietsverantwortlicher berichtete er dem „TCC“ monatlich über den Bereich Stuttgart und warb insbesondere bei den in seinem Zuständigkeitsbereich lebenden Tamilen Spendengelder ein, die sich aus monatlichen „Pflichtspenden“ und „Sonderspenden“ zusammensetzten. Diese sowie weitere von anderen Tamilen im Stuttgarter Stadtgebiet eingesammelten Gelder in Höhe von insgesamt 76.865,- EUR leitete er zwischen 11. August 2007 und 15. Mai 2009 in 19 Fällen in seinem Namen an das „TCC“ weiter, indem er die Gelder an Verantwortliche des „TCC“ in bar übergab. Die von dem Angeklagten akquirierten und anschließend weitergeleiteten Spendengelder standen der „LTTE“ sodann zur Verfügung, die hiermit ihren Finanzbedarf deckte und zumindest teilweise ihren bewaffneten Kampf gegen die sri-lankische Regierung und für einen unabhängigen tamilischen Staat in Sri Lanka finanzierte. In diesem mit militärischen und terroristischen Mitteln geführten Kampf wurden u. a. zahlreiche Selbstmordattentate und Anschläge auf Politiker und Einrichtungen des sri-lankischen Staates verübt, bei denen auch Zivilpersonen ums Leben kamen. Verstärkte Offensiven der Armee in Sri Lanka ab 2007 drängten die „LTTE“ zurück, bis es im Frühjahr 2009 zu ihrer militärischen Zerschlagung kam.

Bei der Strafbemessung überwogen mildernde Gesichtspunkte. So hat der Senat nicht nur das uneingeschränkte Geständnis und den lange zurückliegenden Tatzeitraum zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, sondern auch, dass der in Deutschland nicht vorbestrafte Angeklagte die Taten vor dem Hintergrund des Bürgerkriegsgeschehens in Sri Lanka begangen und er in seiner Kindheit und Jugend als Tamile unter den Auswirkungen dieser Auseinandersetzung massiv gelitten hat. Straferschwerend ist u.a. bedacht worden, dass es sich bei der „LTTE“ um eine besonders gefährliche terroristische Vereinigung handelte, der Angeklagte über einen längeren Zeitraum für diese tätig war und den einzelnen Weiterleitungen der Gelder oft beträchtliche Summen zugrunde lagen. Im Ergebnis hat der Senat eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten als angemessen erachtet. Nach Auffassung des Senats lagen die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung vor. Dem Angeklagten konnte eine günstige Prognose bescheinigt werden. Er ist nicht vorbestraft, war umfassend geständig, verfügt über eine dauerhafte Arbeitsstelle und lebt in gesicherten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Zudem hat er sich nach den Taten vom Gedankengut der „LTTE“ glaubhaft und endgültig distanziert.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Aktenzeichen

7 – 33 OJs 17/15 – Oberlandesgericht Stuttgart
33 OJs 17/15 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart 

Relevante Normen (Auszug):

Strafgesetzbuch (StGB)

§ 129a Bildung terroristischer Vereinigungen:

Abs. 1: Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

§ 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung

Abs.1: Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

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