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OLG Stuttgart verwirft Beschwerde zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens gegen zwei Verantwortliche der LBBW Immobilien GmbH wegen Verdachts der Untreue

Datum: 22.04.2014

Kurzbeschreibung: 

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat mit Beschluss vom 17. April 2014 die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Beschluss der 20. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen zwei ehemalige Geschäftsführer der LBBW Immobilien GmbH wegen Verdachts der Untreue im besonders schweren Fall abgelehnt wurde, als unbegründet verworfen.

Die Anklage vom 4. Juli 2013 wirft drei ehemaligen Geschäftsführern der LBBW Immobilien GmbH sowie einem bei der Tochtergesellschaft LBBW Immobilien Development GmbH ehemals angestellten Projektleiter vor, sie hätten gegen ihre der LBBW Immobilien GmbH gegenüber bestehenden Vermögensbetreuungspflichten verstoßen und dem Vermögen der LBBW Immobilien GmbH vorsätzlich einen Schaden in Höhe von 21 Mio. € zugefügt. Sie hätten am 18./20. Dezember 2007 in ein hochriskantes Immobilienprojekt in Rumänien mit einem Gesamtprojektvolumen von rund 132 Mio. € und einem Eigenkapitaleinsatz von 21 Mio. € beschlossen und den Gesellschafterausschuss der LBBW Immobilien GmbH zu einer für die Durchführung des Projekts erforderlichen Zustimmung veranlasst, obwohl sie gewusst hätten, dass die Informations- und Kalkulationsgrundlagen für das Projekt nicht ausreichten (wegen näherer Einzelheiten wird insoweit auf die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 31. Juli 2013 verwiesen). Einem der drei angeklagten Geschäftsführer, zuständig für den Bereich Immobilienentwicklung und in dieser Eigenschaft zugleich Geschäftsführer der für die Durchführung des Projekts zuständigen Tochtergesellschaft LBBW Immobilien Development GmbH, sowie dem angeklagten Projektleiter wirft die Staatsanwaltschaft ferner vor, sie hätten auch im weiteren Verlauf des Projekts ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der LBBW Immobilien GmbH verletzt, indem sie am 14. Februar 2008 einen Kaufvorvertrag über das für das Projekt vorgesehene Grundstück abgeschlossen hätten und hierbei von zwingenden risikobegrenzenden Vorgaben des Geschäftsführerbeschlusses vom 18./20. Dezember 2007 und der hierdurch herbeigeführten Zustimmung des Gesellschafterausschusses der LBBW Immobilien GmbH abgewichen wären. So sei der Kaufvorvertrag abgeschlossen und dabei eine fast vollständige Kaufpreiszahlung vereinbart worden, obwohl - im Widerspruch zu den genannten Vorgaben - zu diesem Zeitpunkt weder die für die Verwirklichung des Projekts erforderlichen baurechtlichen Voraussetzungen vorgelegen hätten noch ein aussagekräftiges Altlastengutachten eingeholt worden sei.

Die 20. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart hat das Hauptverfahren gegen den für den Bereich Immobilienentwicklung zuständigen Geschäftsführer und den Projektleiter eröffnet. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beiden anderen angeklagten Geschäftsführer hat die Strafkammer abgelehnt. Die dagegen von der Staatsanwaltschaft Stuttgart eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat das Landgericht einen hinreichenden Tatverdacht im Ergebnis zu Recht verneint. Der nach § 203 Strafprozessordnung für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderliche hinreichende Tatverdacht setzt voraus, dass bei vorläufiger Tatbewertung eine spätere Verurteilung wahrscheinlich ist. Nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens hält es auch der Senat nicht für wahrscheinlich, dass die beiden Geschäftsführer wegen der angeklagten Tat verurteilt werden. Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch setzt voraus, dass der Täter eine Pflicht zur fremdnützigen Vermögensbetreuung verletzt und „dadurch“ demjenigen, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Vermögensnachteil zufügt.

Nach Auffassung des Senats sind die mit dem Grundstückskauf verbundenen finanziellen Aufwendungen noch keine Vermögensnachteile, die der LBBW Immobilien GmbH unmittelbar „durch“ eine etwaige Pflichtverletzung der beiden Geschäftsführer bei Mitwirkung an der Entscheidung vom 18./20. Dezember 2007 zugefügt worden sind. Der für den Bereich Immobilienentwicklung zuständige Geschäftsführer und der Projektleiter wichen nach Auffassung des Senats zwar bei dem späteren Abschluss des Kaufvorvertrages vom 14. Februar 2008 und Zahlung des Kaufpreises zwar in erheblichem Umfang von risikobegrenzenden Vorgaben ab, die in der Geschäftsführerentscheidung vom 18./20. Dezember 2007 und der zustimmenden Entscheidung des Gesellschafterausschusses zur Absicherung der baurechtlichen Risiken und der Altlastenproblematik aufgestellt worden waren. Die vorherige Entscheidung vom 18./20. Dezember 2007 habe aber noch keine Schaden verursacht. Damit scheidet eine Strafbarkeit wegen vollendeter Untreue aus. Der Versuch der Untreue ist nicht strafbar.

Nach Auffassung des Senats bestehen bezogen auf das angeklagte historische Geschehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für sonstige Straftaten, etwa einen (versuchten) Betrug (§ 263 Strafgesetzbuch) zum Nachteil der LBBW Immobilien GmbH durch Täuschung des Gesellschafterausschusses über Mängel der Informations- und Kalkulationsgrundlagen des Immobilienprojekts.

 

Aktenzeichen: 1 Ws 35/14 (OLG Stuttgart); 20 KLs 152 Js 53500/09 (LG Stuttgart)

 

Ergänzende Hinweise:

§ 203 Strafprozessordnung

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

§ 266 Strafgesetzbuch (auszugsweise) 

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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