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Hauptverhandlung im Staatsschutzverfahren gegen einen mutmaßlichen Unterstützer der „FDLR“ ab 20. März 2017

Datum: 16.02.2017

Kurzbeschreibung: 

Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Dr. Hartmut Schnelle verhandelt ab

Montag, 20. März 2017, 9:00 Uhr
im Saal 18 des Oberlandesgerichts
(Olgastr. 2, 70182 Stuttgart)

gegen einen 46-jährigen ruandischen Staatsangehörigen wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen Januar 2008 und November 2009 die ausländische terroristische Vereinigung „Forces Démocratiques de Libération du Rwanda“ („Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas“ – abgekürzt „FDLR“) unterstützt zu haben. Gemäß der Anklage handelt es sich hierbei um eine bewaffnete Rebellengruppe, der überwiegend während des Bürgerkriegs 1994 aus ihrem Heimatland geflüchtete Ruander angehören und die in den Kivu-Provinzen im Osten der Demokratischen Republik Kongo agiert. Mit dem Ziel, die gegenwärtige Regierung Ruandas zu stürzen und dort die Macht zu übernehmen, übe sie in den Kivu-Provinzen eine auf Waffengewalt gestützte Schreckensherrschaft über die dortige Bevölkerung aus. Dabei begehe sie gezielt Verbrechen – insbesondere Tötungen, Verschleppungen und Vergewaltigungen – gegen die Zivilbevölkerung.

Den früheren Präsidenten der „FDLR“, Dr. Ignace M., hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgericht Stuttgart am 28. September 2015 wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen zu der Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt (vgl. die Pressemitteilung vom 28. September 2015). Das Urteil ist nicht rechtskräftig; derzeit ist ein Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof anhängig.

Der Angeklagte soll die „FDLR“ in Kenntnis ihrer Ziele und Handlungen zum einen dadurch unterstützt haben, dass er für Dr. Ignace M. in zwölf Fällen Arbeiten an deren Homepage ausgeführt hat. Insbesondere soll er zweimal beim Umzug der Homepage zu einem anderen Anbieter geholfen sowie mehrfach Inhalte auf die Homepage eingestellt bzw. technische Probleme behoben haben. Zudem soll er Rechnungen für Telekommunikations- und Internetdienstleistungen für Dr. Ignace M. in 17 Fällen mit einer Höhe von insgesamt rund 400 € mit eigenem Geld beglichen sowie in einem Fall einen Betrag von rund 70 € zur Begleichung weitergeleitet haben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat am 28. Oktober 2016 Anklage erhoben. Mit Beschluss vom 30. Januar 2017 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart die Anklage im Umfang der vorgenannten 30 Taten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 i.V.m. § 129b Abs. 1 StGB) zugelassen.

In Bezug auf zwei weitere Taten nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG hat der Senat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Sie umfassen die Bereitstellung von 25,00 € bzw. 50,00 € im November 2010 bzw. Dezember 2011 auf das Konto der Justizvollzugsanstalt Stuttgart für Dr. Ignace M. unter Verstoß gegen ein Verbot der Bereitstellung wirtschaftlicher Ressourcen nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1183/2005 des Rates vom 18. Juli 2005. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei bereits fraglich, ob das Überweisen von Geldern auf ein Konto der Justizvollzugsanstalt den Tatbestand des „Bereitstellens“ nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AWG erfüllt. Jedenfalls könne ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 17 Satz 1 StGB nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der durch den Staat eingeräumten Möglichkeit, Geld zu Gunsten von Untersuchungsgefangenen auf das Konto der Justizvollzugsanstalt zu überweisen, durfte der Angeschuldigte in berechtigter Weise davon ausgehen, dass dies erlaubt ist.

Im Umfang der zugelassenen Taten hat die Generalstaatsanwaltschaft am 2. Februar 2017 eine neue Anklage eingereicht.

Der Senat wird in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt sein.

Weitere Verhandlungstermine nach dem 20. März 2017 sind angesetzt für:


Termin Uhrzeit
Montag 3. April 2017 09:00 Uhr
Mittwoch 5. April 2017 09:00 Uhr
Dienstag 11. April 2017 09:00 Uhr
Dienstag 25. April 2017 09:00 Uhr
Donnerstag 27. April 2017 09:00 Uhr
Donnerstag 4. Mai 2017 09:00 Uhr
Dienstag 16. Mai 2017 09:00 Uhr
Dienstag 23. Mai 2017 09:00 Uhr
Dienstag 30. Mai 2017 09:00 Uhr
Donnerstag 1. Juni 2017 09:00 Uhr
Dienstag 13. Juni 2017 09:00 Uhr
Dienstag 20. Juni 2017 09:00 Uhr

 

Aktenzeichen

3 - 36 OJs 1/16 – Oberlandesgericht Stuttgart

36 OJs 1/16 – Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart


Relevante Normen:

§ 129a Abs. 1 und 5 Strafgesetzbuch (StGB) – Bildung terroristischer Vereinigungen:

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

  1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
  2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

...

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“


§ 129b Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) – Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland:

Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

 

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